Rückblick auf die Reise

Das erste mal Monate unterwegs: Wohnung weg, Rucksack her

Eine halbes Jahr auf Reise – noch nie zuvor gemacht und auch kein lebenslanger Wunsch. Eine Idee, die nur Monate davor entstand und umgehend durch die Buchung eines ganzen Flugpakets unausweichlich war. Beide Jobs kündigen, Wohnung weg, nicht benötigte Sachen verkaufen, Kisten einpacken, einlagern und ab in den Flieger.

Sollten uns die sechs Monate nicht reichen, dann geht die Reise weiter (Plan B: Fortsetzung in Amerika) – man ist frei, sein eigener Herr und unabhängig. Ein herrliches Gefühl, das einen ständig begleitete.

Aber was kommt danach? Keine Wohnung und keine Arbeit nach der Rückkehr. Vorerst egal, wir haben gefragte Berufe, das Alter ist günstig, die wirtschaftliche Lage scheint stabil und vom Wohnort her sind wir flexibel, wenn wir auch gewisse Vorstellungen an das neue Domizil haben.

Vor Reisebeginn kamen schon hin und wieder Unsicherheit auf, wie das so ist zu reisen ohne ein festes Arbeitsverhältnis im Anschluss zu haben. Dass für uns dieser scharfe Schnitt der richtige war, das wussten wir von der reinen Logikseite immer, vom Bauchgefühl auch. Während der Tour genossen wir es richtig, dass unsere Sanduhr Urlaub nicht einfach abläuft und es danach wieder auf die alten langweiligen ausgetretenen Wege zurückgeht.

So sah die Tour dann auf der Karte aus:

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Für uns war es super sechs Monate in der Welt zu verbringen anstatt daheim zu bleiben und jeden Tag das gleiche zu machen.

Nachfolgend als Stichpunktsammlung, was wir in sechs Monaten erlebten:
– Indien, China, Thailand, Laos, Kambodscha, Vientnam, Singapur, Malaysia, Indonesien, Australien, Neuseeland, Südafrika, VAE (Dubai) → 13 Länder
– 20 Flüge in 6 Monaten
– Annahme: durchschnittlicher Jahresurlaub ist 2 Wochen. D.h. wir sammelten Eindrücke von 12 Jahresurlaube in 6 Monaten
– Indien krasser Kulturschock, jetzt wissen wir was damit gemeint ist, im Grunde fühlst dich den ganzen Tag über nie richtig wohl
– Am falschen Flughafen gewesen
– Ticketkauf hochkompliziert in Indien
– Taj Mahal geile Sehenswürdigkeit
– Im Vergleich zu anderen Backpackern sind wir sind sehr gut organisiert und deutlich skeptischer
– Chinesen sind super freundlich
– Armut heißt nicht Hunger, Armut bedeutet nicht unglücklich sein!
– Viele Probleme hat man zu Hause, die wirklich unwichtig sind (Welche Kapselmaschine ist die bessere?)
– Smog in China
– Massagen genossen
– Zimmer mit Fenster und eine Dusche mit warmen Wasser weiß man zu schätzen
– Logik ist nicht immer und überall anzutreffen
– Gesicht verlieren in Asien
– Gibt Regeln aber dann doch wieder nicht, z. B. Befahrung des Standstreifens.
– Elefanten, Kängurus, Delfine … alles z.T. wirklich hautnah
– Personal, das bei einfachsten alltägliche Sachen überfordert ist
– Wasserfall, Wasserfall, Wasserfall…
– Andere Religionen sind die gleichen Augenwischerei wie im Christentum
– Sleeperbusse
– Interessantes zur Geschichte aus Vietnam oder Entdecker von Australien
– Angkor Wat
– Nur Standardsachen funktionieren in Asien
– Cu Chi Tunnel
– Keine Panik, es gibt fast immer noch Tickets oder einen Plan B, zuviel Planung kostet zuviel Zeit und ist im Grunde nicht effizient
– Waghalsige Busfahrten
– Tauchen, zu verwöhnt mit Ägypten, Schmerzen
– Autopannen
– Halong Bucht
– Museen
– Weltstadt Singapur
– Petronas Towers, Angst-Macherei vor der Stadt Kuala Lumpur
– Speedboot, einsame Inseln sind nicht unser Ding
– Delfine verfolgen
– Affenwald
– Weihnachten, Silvester und beide Geburtstage auf Reise erlebt
– Krokodile springen
– Internet überall in der Welt, treuer Begleiter
– Linksverkehr Campervan (Roadtrips)
– Tauchen am Great Barrier Reef
– Die Panikmache der Reisebüros mit den ausgebuchten Touren ist Blödsinn
– Fraser Island – 4WD Sandpiste
– Australia Zoo
– Sydney Oper, Hafenfahrt
– Great Ocean Road, 12 Apostel
– Geisterstadt Christchurch
– Lake Tekapo
– Steilste Straße der Welt,
– Albatrosse, Robben, Pinguine
– Farmstay, Homestay
– Milford Sound (Fjord)
– Fallschirmspringen
– Hostel The Old Slaughterhouse
– Vulkan-Wanderung, Tongariro
– Rotorua, Geysir
– Opi Hans + Vulkaninsel White Island
– Herr der Ringe Filmset
– Monsterflug Neuseeland – Dubai – Johannesburg (24 Flugstunden)
– Johannesburg/Soweto
– Kruger Nationalpark, Safari
– Kapstadt (Tafelberg, Robben Island, Kap der Guten Hoffnung)
– Dubai mit den Superlativen

Die Highlights:
Taj Mahal, Chinesische Mauer, Slowboat Fahrt Mekong in Laos, Entspannte Zeit auf 4000 Inseln, relaxter Bootsausflug auf die Whitsunday Islands, Vulkanwanderung in Neuseeland, Safari in Südafrika, Dekadentes Leben in Kapstadt

Welches Land war das beste?
Länder direkt untereinander zu vergleichen ist sehr schwierig. Australien und Laos sind einfach zu verschieden. Bildet man allerdings Kategorien, beispielsweise Freundlichkeit der Einheimischen, Fortbewegung, Sicherheitsgefühl, Qualität des Essens, Attraktivität von Sehenswürdigkeiten, Preis/Leistung etc., dann gibt es einen überraschenden Sieger: China.

In China waren die Leute sehr sehr freundlich, man konnte einfach Inlandsflüge buchen oder auch mit einem ICE fahren oder einer Magnetschwebebahn. Alte Sehenswürdigkeiten wie die Reisterrassen oder die Chinesische Mauer oder auch die Metropole Shanghai mit der grandiosen Skyline empfangen den Besucher. Für jeden ist im Grunde was dabei. Vom sehr günstigen frischem Essen bis hin zu guten und günstigen Massagen. Ein gelungener Aufenthalt und weiterempfehlenswert.

Welches Land war das schlechteste?
Indien. Vielleicht sollte man sanfter einsteigen und zuvor andere asiatische Länder bereisen und dann erst Indien. Für uns war es ein Kulturschock und eine einmalige Erfahrung.

Gewalt, Diebstahl oder Krankheit?
Fehlanzeige. Die Welt ist gut.

Was haben wir falsch gemacht?
– Zu lange auf Bali (3 Wochen!)
– Am Anfang nicht zentral gewohnt
– Am Anfang übervorsichtig und zu skeptisch
– Vielleicht zu viel Zeit in Asien verbracht

Was haben wir richtig gemacht?
– Überhaupt eine Reise anzutreten
– Wohnung/Jobs zu kündigen um wirklich frei zu sein (Stichwort Schiffe verbrennen)

Reisetempo
Es ist Typsache das Reisen. Die einen fühlen sich am besten wenn der baldige Heimflug vor der Tür steht. Für sehr viele Leute ist eine Insel mit Palmen das absolute Highlight, was für uns vielleicht ein Fotomotiv und einen Aufenthalt von einer Stunde wert ist, mehr nicht. Es droht der Inselkoller. Im stetigen Tempo vorwärts zu kommen ist unser Ding.

Stimmungsverlauf während der Reise
Von erschrocken und skeptisch über fasziniert bis hin zu routiniert und gelassen/gelangweilt. So könnte man es in einem Satz zusammenfassen. Wenn man nicht mehr selbstbestimmt ist und man festhängt dann nervt das. Das Warten auf den Abflug in Bali war mühsam wie auch auf den Fährtermin in Neuseeland. Warten ist nicht unsere Stärke, dafür sind wir zu aktiv.

Nervig ist, dass selbst einfachste Sachen viel Zeit benötigen. Der Kauf einer lächerlichen SD Karte kann zur Tagesaufgabe inkl. Recherche werden (China).

– Der Gewöhnungseffekt tritt ein –

Wir haben nach Monaten nicht mehr wirklich Lust auf kleinere Sehenswürdigkeiten, was Schade ist aber wohl als Gewöhnungseffekt bezeichnet wird. Kommt noch schlechtes Wetter hinzu, dann ist es ganz aus. Ein Wasserfall ist ein Wasserfall, ist ein Wasserfall. Knapp zehn gesehen und dann ist auch WIRKLICH genug. Steilküste bleibt Steilküste. Ob an der Great Ocean Road (Australien), Nugget Point (Neuseeland) oder Kap der Guten Hoffnung (Südafrika). Roadtrip ist Roadtrip und nach tausenden Kilometern in ein paar Wochen reicht auch das („same same“).

Reisedauer
Ganz klar, uns reichte es auch 180 Tage zu Reisen, Hut ab vor Leuten, die länger unterwegs sind UND diese Zeit auch wirklich genießen. Wir waren nie länger als eine Woche an einem Ort und das war schon fast eine Ausnahme in Shanghai. Wir bevorzugen es zügig voran zu kommen und finden uns schnell am neuen Ort zurecht (U-Bahnsystem, Einkaufsmöglichkeiten etc.). Ein erst warm werden mit Unterkunft oder Stadt ist uns fremd. Rucksack ablegen, Stadtplan besorgen und raus ins Getümmel.

Technische Helferein und das Internet
Die Recherche verläuft mit Hilfe von Netbook und Tablet, letzteres ist dann unterwegs als Begleiter mit dabei, das Netbook irgendwo im Zimmer versteckt. Die Nachforschung ist cloudbasierte. Alle gefundenen Sachen landen dann bei Evernote oder Dropbox. Auf diesem Weg sind die Erkenntnisse zeitgleich auf beiden Geräten erhältlich, man braucht nicht extra vom Stuhl zum Bett gehen, wenn der andere was neues entdeckt hat. Das Tablet dient teilweise auch als zweiter Bildschirm 🙂

Mit defekter oder gestohlener Hardware, sprich Netbook/Tablet/Digicam weg oder defekt muss natürlich gerechnet werden. Daher sind alle Dateien im Netz gespeichert, sensible verschlüsselt. Die Fotos landen alle bei Flickr und daher ist ein Verlust der Digicam zumindest nicht mit verlorenen Bildern verbunden.

Sämtliche Login-Daten und Passwörter liegen verschlüsselt in einem zentralen Passwortprogramm (Keepass). Die Datenbank dazu liegt in der Dropbox, daher sind alle Geräte auf dem gleichen Stand. Keepass läuft auf sämtlichen Plattformen, bei uns auf Android und Ubuntu (Linux).

Häufig genutze Apps: TripAdvisor, City Maps 2 Go, wetter.com

Das Internet ist unverzichtbar, unglaublich wie Leute früher sowas geschafft haben!

Reiseplanung unterwegs
Es ist echt Wahnsinn, viel Zeit die Planung in Anspruch nimmt. Einfach rauszugehen und zu schauen hört sich ganz aufregend und unkompliziert an, in Millionenstädten samt Verkehrsüberlastung, falschen Busplänen und fehlender U-Bahn ist das nicht ganz trivial. Die Stunden rinnen dahin und du hast nichts gesehen oder erlebt – Frust kommt auf.

Es hat sich bewährt morgens zwei oder drei Tagesziele inkl. Lage im Stadtplan rauszusuchen anstatt unterwegs zu überlegen, was man nun als nächstes macht. Es genügt tagsüber dann meist der kostenlose Stadtplan von der Rezeption.

Vielleicht planten wir selber zuviel oder verbrachten zuviel Zeit mit der Recherche. Durchaus möglich, aber uns ist der strukturierte Weg lieber. Andere Blogger, die eine ähnliche Reise machen, geht es meist nicht anders. Da geht schon mal ein ganzer Tag drauf, die richtige Busverbindung zu finden. Ist diese erstmal gefunden, dann sollte halt auch noch ein Platz frei sein. Dieses Spontane hatten wir zu Beginn in Indien, wo wir dann doch fünf Stunden auf den nächsten Zug warten durften, was eh noch kurz war.

Fortbewegung im Ausland
Am besten man mischt die verschiedenen Transportmittel, alle haben ihre Vor- und Nachteile. In einem befreundetem Blog steht: „Wenn du den Tipp deiner Eltern befolgst, dass du, wenn dir ein Busfahrer komisch vorkommt, sofort aussteigen sollst, dann würdest du noch heute am ersten Ankunftsort stehen.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen 🙂

Was hat man gelernt und was bleibt?
Der Reisepass ist nun gefüllt mit vielen bunten Bildern und Stempeln. Tausende Bilder sind nun zusätzlich auf der Festplatte und zusätzliche noch ein paar tausende mehr im Kopf.

Der Erdkundeunterricht liegt schon etwas zurück und da tat diese Auffrischung ganz gut. Früher nicht sicher ob Laos eine Stadt (Hauptstadt Nigerias?) oder Land ist. Was ist die Hauptstadt von Neuseeland? Kennst du auch nur irgendeine Stadt in Neuseeland? Eine grobe Vorstellung von der Einwohnerzahl Australiens? Kannst du essen mit Stäbchen? Ja = Ja? Nein = Nein? Wenn man keine Ahnung hat, dann gibt man das doch auch zu, man kann doch Leute nicht einfach in irgendeine Richtung schicken…. Alles Fragen, deren Antwort heute anders ausfällt als vor der Reise.

Auf Reise ist alles sehr kurzlebig, was gut so ist. Insbesondere zu materiellen Gütern haben wir nun ein noch distanzierteres Verhältnis. Selbst bei 14 kg Gepäck kann man auch noch auf ein paar Sachen verzichten.

„Sorge dich nicht – lebe“. Dieser Buchtitel hat es echt in sich. Im Grunde wird alles gut und die worst case Betrachtungen sind vielleicht in der Technik sinnvoll, im Leben treffen 99 Prozent der Befürchtungen nicht ein.

Es war eine super Zeit und eine unglaubliche „Horizonterweiterung“. Eine Verschiebung oder Auflösung von Grenzen macht diese Phrase vielleicht plastischer. Flüge von vier Stunden waren vorher eine Herausforderung. Neuseeland war am anderen Ende der Welt. Heute ist es halt ein Reisetag mit höchstwahrscheinlich ein- oder zweimal Umsteigen.

Sachen nimmt man nun sofort in Angriff und schiebt sie nicht auf die lange Bank. Zulange sind wir Märkte abgelaufen um GENAU das eine Ding was man damals gesehen hat erneut zu finden.

Man ist heute viel offener und geht schnell auf Leute zu; Nach einer Frage ist man nie dümmer als zuvor.

Vielen Dank fürs Mitlesen (7100 Zugriffe auf den Blog in 6 Monaten)
Ani + Matin